Die Unterirdische Touristenroute „Tausendjähriges Bestehen des polnischen Staates” wurde in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts im Labyrinth der Keller von Klodzko eingerichtet. Sie führt von der ul. Zawiszy Czarnego bis hin zur ul. Czeska am Fuß der Festung und ist etwa 600 m lang. Interessant ist sowohl die Entstehungsgeschichte dieser ausgedehnten Kellergänge als auch die der Schaffung der Touristenroute.
Das mittelalterliche Kłodzko entstand am Fuße der Burg auf dem Festungsberg. Die Entwicklung des Handels und Handwerks wurde durch die Lage an der Kreuzung der Handelsrouten begünstigt. Zahlreiche Kaufleute und Handwerker bauten ihre Häuser in der von einer Mauer und dem Bett der Glatzer Neiße umgebenen Stadt. In den schmalen Mietshäusern wurden Wohnungen und Werkstätten eingerichtet. Ganze Familien, Diener, Gesellen und Lehrlinge lebten und arbeiteten dort. Daher herrschte Platzmangel und außerdem kam es oft zu gefährlichen Bränden, die das ganze Eigentum zerstörten. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die früheren Bewohner von Kłodzko sich nach unten begaben und ausgedehnte Keller unter ihren Häusern gruben. Begünstigt wurde dies durch den weichen Boden aus postglazialen Sedimenten.
Die gleichbleibende, niedrige, aber während des ganzen Jahres über null Grad Celsius herrschende Temperatur ermöglichte dort die Lagerung von Lebensmitteln und anderen Gütern. Dank der Lagerung in den kühlen Kellern verbesserte sich der Geschmack des Kłodzkoer Biers. Auch einige Werkstätten, z.B. Bäckereien, wurden zur Sicherheit unter die Erde verlegt, da die Brandgefahr dadurch verringert wurde. Über die unterirdischen Gänge wurden die Güter direkt an die Marktbuden rund um das Rathaus geliefert. Die tiefen Keller waren auch während der zahlreichen Kriege, von denen das Glatzer Land betroffen war, von Nutzen, da sie den Einwohnern der Stadt Schutz boten und es ihnen ermöglichten, ihr wertvollstes Eigentum zu retten.
Die Einwohner von Kłodzko bohrten über Jahrhunderte hinweg (vom 13. bis 17. Jahrhundert) unter der Stadt bis zu 30 Meter tiefe Keller. Auf diese Weise entstand ein dichtes, mehrstöckiges Netz von Gängen und Kammern. Die Bedeutung der unterirdischen Lagerhäuser nahm jedoch allmählich ab. Kłodzko verlor seinen mittelalterlichen Charakter, wuchs und wurde moderner.
Nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich das früher deutsche Kłodzko innerhalb der polnischen Grenzen. Die polnischen Siedler, die sich nach 1945 hier aufhielten, hatten keine Ahnung von dem unterirdischen Labyrinth unter der Altstadt, und unter den deutschen Einwohnern, die die Stadt verließen, geriet es in Vergessenheit. Und vielleicht wäre es längst vergessen, wenn die Bürgerhäuser der Altstadt von Kłodzko nicht „gesprochen“ hätten. In den frühen fünfziger Jahren begannen die Wände der Altstadtmietshäuser zu platzen und abzusinken. Die Bewohner mussten die vom Einsturz bedrohten Häuser verlassen, und die Häuser wurden abgerissen. Es stellte sich heraus, dass der Mangel an regelmäßigen Reparaturen und Wartungsarbeiten nicht der einzige Grund für den schlechten Zustand der historischen Mietshäuser war. Der Zustand der Gebäude in der Altstadt hatte sich durch die Regenwasserabwaschungen aus der Festung Glatz und den instabilen Boden, der durch die ausgedehnten Keller zusätzlich geschwächt wurde, verschlechtert.
1958 begannen die Spezialisten der AGH-Universität in Kraków, die Altstadt von Kłodzko zu retten. Zunächst wurden die Keller durch Gruppen von Höhlenforschern und Tauchern untersucht. Dadurch konnte der Verlauf der Gänge bestimmt und detaillierte Pläne entwickelt werden. Auf dieser Grundlage entwickelten die Ingenieure ein Konzept zur Sicherung der Keller. 1962 begann die Sicherungsaktion: die unterirdischen Gänge und Kammern wurden allmählich entwässert und aufgefüllt. Die Pläne der Spezialisten der AGH wurden von Bergleuten des Wałbrzycher Przedsiębiorstwo Robót Górniczych (Unternehmen für Bergbauarbeiten) umgesetzt. Dank der Absicherung der Keller und der Stabilisierung des Bodens konnte der Abriss vieler schöner historischer Mietshäuser vermieden werden. Während der Arbeiten entstand die Idee, einige Keller unberührt zu lassen und den Besuchern zur Verfügung zu stellen.
Im Jahr 1966, als sich der tausendste Jahrestag der Taufe von Polen näherte, wurde der Verlauf der unterirdischen Touristenroute bestimmt, die den Namen „Tausendjähriges Bestehen des polnischen Staates“ erhielt. 1976 wurde die unterirdische Route für Besucher geöffnet.
Heute können Sie sich während des unterirdischen Spaziergangs in die Atmosphäre des alten Kłodzko einfühlen: bürgerliche Musik, die Feiernden im Gasthaus, die Geräusche des Jahrmarkts hören, die früheren Einwohner der Stadt besuchen – einen Bäcker, eine Wäscherin oder einen Henker sehen, eine Ladentheke, ein Wirtshaus, eine Bäckerei, ein Munitionslager und eine Folterkammer, die mit grässlichen Folterwerkzeugen ausgestattet ist.
Die Besucher werden in Form interaktiver animierter Bilder auch auf völlig andere Bewohner der Keller treffen. Was für Bewohner? Überzeugen Sie sich selbst.